So schützt du dich vor Überhitzung beim Sport: Thermoregulation einfach erklärt

Quelle: https://www.spomediko.de/Organisatoren/
Quelle: https://www.spomediko.de/Organisatoren/

Wenn der Körper zur Heizung wird: Thermoregulation im Sport verständlich erklärt

Der 1500-Meter-Lauf im Zehnkampf bei der WM in Japan war so ein Moment, den du nicht mehr vergisst. Leo Neugebauer läuft um sein Leben, liegt im Ziel völlig zerstört am Boden – und steht sinnbildlich für das, was Thermoregulation im Sport bedeutet: Der Körper läuft am absoluten Limit, nicht nur muskulär, sondern vor allem temperaturtechnisch.

Genau darüber habe ich mit Prof. Dr. Dr. Dieter Leyk gesprochen – einem der führenden Experten für Leistungsphysiologie und Thermoregulation in Deutschland. In diesem Artikel fasse ich die wichtigsten Inhalte der Podcastfolge zusammen, gehe an einigen Stellen noch tiefer rein und gebe dir konkrete Tipps, wie du sicher und leistungsfähig bei Hitze trainieren kannst.


Warum Thermoregulation im Sport heute wichtiger ist denn je

Wir leben in einer Zeit, in der Klimawandel und immer häufigere Hitzewellen längst nicht mehr nur Schlagzeilen sind, sondern den Alltag vieler Sportler:innen direkt beeinflussen. Ob Marathon in der Großstadt, Triathlon bei 30 Grad oder der Longrun im Sommerurlaub – Hitze im Sport ist kein Ausnahmefall mehr, sondern Normalität.

Der Muskel ist dabei eine echte Wärmekraftmaschine:

  • Rund 70–90 % der Energie aus der Muskelarbeit werden in Wärme umgewandelt.

  • Nur ein kleiner Teil kommt als wirkliche Bewegungsleistung (Watt) beim Laufen, Radfahren oder Schwimmen an.

Wenn du also mit hohen Intensitäten unterwegs bist, produziert dein Körper intern bereits einen massiven Wärmestau – und wenn dann noch hohe Außentemperaturen und Luftfeuchtigkeit dazu kommen, wird es kritisch.


Wie eng unser Temperaturfenster wirklich ist

Wir Menschen sind echte Spezialfälle:

  • Die normale Körperkerntemperatur liegt etwa bei 37 °C.

  • Schon bei 38–39 °C beginnen Enzyme und Proteine im Körper schlechter zu funktionieren.

  • Ab etwa 40 °C verändern sich Eiweißstrukturen – Zellen werden geschädigt.

  • Bei über 40–41 °C sprechen wir von einem Bereich, in dem ein Hitzschlag lebensbedrohlich wird.

Spannend: Nach unten ist der Körper deutlich toleranter. Unterkühlungen bis unter 30 °C können – mit medizinischer Hilfe – überlebt werden, teils sogar extremere Werte. Nach oben haben wir dieses Sicherheitsfenster aber nicht. Das macht Hitzebelastung im Sport so gefährlich.

Kommt es zu einem Hitzschlag, passiert Folgendes:

  • Zellen werden irreversibel geschädigt.

  • Entzündungsbotenstoffe und Gerinnungsfaktoren werden freigesetzt.

  • Die kleinsten Blutgefäße werden „undicht“ – du verlierst Flüssigkeit, es drohen Blutungen und Thrombosen gleichzeitig.

Und das Wichtigste:
▶️ Es gibt nur eine wirksame Therapie: schnelles, physikalisches Kühlen.
Keine Tablette, kein Fiebersenker hilft – du musst die Körperkerntemperatur in den ersten 30 Minuten („Golden Half Hour“) wieder unter 40 °C bringen.


Hitze ist nicht nur ein Sommerproblem

Ein großer Irrtum im Sport: Viele denken, Hitzekollaps und Hitzschlag seien nur bei 35 °C Außentemperatur ein Thema. Stimmt nicht.

Prof. Leyk erzählt von:

  • Skilangläufern, die bei Minusgraden Körperkerntemperaturen über 40 °C erreicht haben.

  • Übungen bei der Bundeswehr, bei denen Rekrut:innen bei nur rund 22 °C Umgebungstemperatur schwere Hitzeerkrankungen erlitten haben – ein Todesfall inklusive.

Entscheidend ist also nicht nur, wie warm es draußen ist, sondern:

  • Wie hoch ist die Leistungsintensität?

  • Wie lange dauert die Belastung?

  • Was trägst du an Kleidung/Schutzbekleidung (Stichwort Feuerwehr, Polizei, Militär, medizinisches Personal)?

Auch im Herbst und Winter kann es zur Überhitzung im Sport kommen – vor allem, wenn du dich zu warm anziehst, hart trainierst und dazu vielleicht noch leicht angeschlagen bist.


Wer besonders gefährdet ist: Risikogruppen bei Hitze

Prof. Leyk nennt drei große Risikogruppen für Hitzeerkrankungen im Sport und im Alltag:

  1. Kinder & Jugendliche

    • Schwitzen noch nicht so effizient wie Erwachsene.

    • Häufig sehr motiviert, sich zu verausgaben.

  2. Ältere Menschen

    • Häufig Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

    • Schlechteres Durstempfinden, Probleme beim Flüssigkeitshaushalt.

  3. Sportler:innen & Menschen mit hoher körperlicher Belastung

    • Besonders gefährdet: hochmotivierte Athlet:innen, die gewohnt sind, an ihre Grenze zu gehen.

    • Auch Berufsgruppen mit Schutzbekleidung: Feuerwehr, Polizei, Militär, Klinikpersonal, Arbeiter in großer Hitze.

Ein weiterer Risikofaktor:
▶️ Bewegungsmangel und Übergewicht.
In Studien zeigte sich ein 4–8-fach erhöhtes Risiko für Hitzezwischenfälle bei unfitten, übergewichtigen Menschen.


Frühzeichen von Hitzekollaps & Hitzschlag – wann es brenzlig wird

Das Gemeine: Die ersten Warnsignale sind oft unspektakulär und leicht zu übergehen:

  • Ungewöhnliche Müdigkeit, Schweregefühl

  • Starker Durst, klebriger Mund

  • Übelkeit, Kopfschmerzen

  • Unruhe, Gereiztheit, mentale Verwirrtheit

  • Plötzliches Leistungseinbrechen, trotz „Kopf will weiter“

Genau hier passieren die gefährlichen Fehler:
Viele sagen sich: „Das geht schon, ich ziehe durch.“ Gerade ambitionierte Sportler:innen – wie Prof. Leyk selbst in seiner Sauna-Anekdote – ignorieren diese Zeichen. Doch ab einem bestimmten Punkt kippt das System sehr schnell, wie eine Domino-Kette. Dann wird aus einer Hitzeerschöpfung innerhalb von Minuten ein Hitzschlag.

Merksatz:

Wenn dein Körper dir ungewöhnlich stark signalisiert „Stopp“, nimm das ernst – besonders bei Hitze.


Akklimatisation: Die wichtigste Waffe gegen Hitze im Sport

Ein zentrales Stichwort aus der Folge ist Akklimatisation. Dahinter steckt die gezielte Anpassung deines Körpers an Training und Wettkampf bei Hitze.

Was passiert bei wiederholter Belastung in der Hitze (z. B. 7–10 Tage lang, 1–2 Stunden täglich bei Wärme)?

  • Deine Herzfrequenz sinkt bei gleicher Belastung.

  • Deine Körperkerntemperatur steigt bei Belastung weniger stark an.

  • Du fängst früher und stärker an zu schwitzen – aber mit salzärmerem Schweiß.

  • Dein Gesamtkörperwasser / Plasmavolumen nimmt zu.

  • Es werden Hitzeschockproteine gebildet, die Zellen besser schützen.

Genau solche Protokolle nutzen z. B. Spitzenathleten wie Geher Christopher Linke, der mit seiner Trainingsgruppe in einer „Hitzekammer“ unter Aufsicht der Charité trainiert hat, um sich auf die Bedingungen in Doha vorzubereiten.

Wichtig:

  • 7–10 Tage Akklimatisation einplanen.

  • Die Effekte sind nicht dauerhaft – nach einer Woche ohne Hitze wird rund 50 % der Anpassung wieder verloren.

  • Akklimatisation lässt sich nicht einmalig „holen“ und dann dauerhaft speichern.


Pre-Cooling, Cooling & Kleidung: Was wirklich hilft

Du hast sie schon gesehen: Kühlwesten, Eistücher, Eis-Slurries, Nebelduschen. Wie hilfreich ist das alles?

Prof. Leyk ordnet das nüchtern ein:

  • Den gesamten Körper vor dem Start „runterkühlen“ ist physikalisch kaum möglich – du bist kein 5-Liter-Kanister, sondern 70–90 Kilo Körpermasse.

  • Lokal kann Kühlung trotzdem sehr sinnvoll sein: Hände, Gesicht, Nacken, Stirn.

  • Viel bringt auch einfach Schattenhelle Kleidung und das Vermeiden direkter Sonneneinstrahlung beim Warten vor dem Start.

Während des Wettkampfs gilt:

  • Nutze alles, was kühlt, ohne dich zu sehr auszubremsen: Nebelduschen, Schwämme, Eisstirnbänder.

  • Aber: Verwende diese Maßnahmen nicht, um dich noch extremer auszubelasten, sondern um im sicheren Bereich zu bleiben.


Flüssigkeitshaushalt: Wie viel du wirklich schwitzen kannst

Ein Kernpunkt der Folge: unser miserables Durstgefühl.

  • Ein Hund kann 90 % seines Flüssigkeitsverlustes in kurzer Zeit ausgleichen.

  • Beim Menschen kann es 2–3 Tage dauern, bis der Flüssigkeitsstatus wieder wirklich passt.

Typische Schweißraten:

  • Tennis, 1 Stunde: ca. 1,5 Liter

  • Marathon/Triathlon, 1 Stunde in Hitze: bis zu 3–4 Liter maximal

Über 2–3 Stunden können da theoretisch 6–8 Liter Schweiß zusammenkommen – Werte, die du real während des Wettkampfs kaum komplett ausgleichen kannst.

Wichtige Punkte für dein Trinkverhalten im Sport:

  • Regelmäßig trinken, nicht erst, wenn der Durst riesig ist.

  • Nicht nur Wasser, sondern auch Elektrolyte / Salz zuführen.

  • Vor dem Wettkampf nicht „litweise reinkippen“, sonst landest du nur ständig auf der Toilette. Sinnvoller: leicht erhöhte Flüssigkeitszufuhr plus etwas Salz (z. B. Brühe, Elektrolytgetränk).


Schmerzmittel, Niere & plötzlicher Herztod – die oft verdrängte Gefahr im Ausdauersport

Ein Thema, das viele ungern hören: Schmerzmittel vor oder während Wettkämpfen.

Studien zeigen:

  • Schmerzmittel (z. B. NSAR) verbessern deine Leistung oder dein Wohlbefinden im Rennen nicht.

  • Sie verstärken aber die ohnehin belastete Situation im Magen-Darm-Trakt (Mikroblutungen, Krämpfe) und vor allem in der Niere.

Die Niere:

  • Bekommt in Ruhe ca. 20 % des Herzzeitvolumens.

  • Bei intensiver Belastung wird ihre Durchblutung um bis zu 50 % reduziert – das Blut geht in Muskulatur & zur Haut.

  • In Kombination mit Hitze, Dehydration und Schmerzmitteln kann das zu schweren Nierenschäden, Blut im Urin und langfristigen Problemen führen.

Dazu kommt das Thema plötzlicher Herztod:

  • In Deutschland sterben pro Jahr geschätzt 100.000–200.000 Menschen an einem plötzlichen Herztod – ein Teil davon im Zusammenhang mit Sport.

Hier setzt der Sportgesundheitstest von Spomedico an:

  • Online-Test, dauert nur 3–4 Minuten.

  • Ergebnis mit Ampel-System:

    • Grün: sportgesund

    • Gelb: genauer hinschauen

    • Rot: ärztliche Abklärung empfohlen

  • Abgefragt werden u. a. Gesundheitszustand, Training, Alltag, Schlaf, Ernährung.

  • Du bekommst ein PDF, das du auch mit deinem Arzt/deiner Ärztin besprechen kannst.

Gerade vor großen Events (Marathon, Triathlon, Ultralauf) kann dieser Check ein echter Lebensretter sein.


Konkrete Praxis-Tipps: So trainierst und startest du sicher bei Hitze

Zum Abschluss die wichtigsten Punkte aus der Folge in komprimierter Form – damit du sie direkt anwenden kannst:

  1. Informiere dich über Bedingungen & Klima

    • Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Startzeit.

    • Bei Hitze: Belastung anpassen, ggf. Pacing konservativer wählen.

  2. Plane 7–10 Tage Akklimatisation ein

    • Regelmäßige Einheiten in der Wärme (Laufband/Indoor oder draußen).

    • Ziel: Erhöhung der Körperkerntemperatur unter kontrollierten Bedingungen.

  3. Kühle clever – vor und während des Wettkampfs

    • Schatten suchen, helle und atmungsaktive Kleidung tragen.

    • Gesicht, Nacken, Hände und Unterarme kühlen, Nebelduschen nutzen.

  4. Flüssigkeit & Elektrolyte ernst nehmen

    • Vorher gut hydriert in den Wettkampf, aber ohne „Fluttrinken“.

    • Während des Rennens regelmäßig trinken, bevorzugt mit Elektrolyten.

  5. Finger weg von prophylaktischen Schmerzmitteln

    • Kein Ibuprofen & Co. aus Angst vor Schmerzen.

    • Risiko für Niere, Darm und Regeneration ist hoch, Nutzen gleich null.

  6. Sportgesundheit zuerst – Test nutzen

    • Sportgesundheitstest von Spomedico vor großen Belastungen machen.

    • Auffällige Ergebnisse mit Ärzt:in besprechen.

  7. Wissen statt Hype

    • Nicht jeder Trend aus Social Media ist sinnvoll.

    • Hör auf deinen Körper – und gern auch auf Leute wie Prof. Leyk, die das Thema seit Jahrzehnten wissenschaftlich begleiten.

   

Sportgesundheit: Warum ein kurzer Check vor Hitze-Belastungen so wichtig ist

Ein Punkt, der im Zusammenhang mit Thermoregulation oft unterschätzt wird, ist die eigene Sportgesundheit. Viele Risiken zeigen sich erst dann, wenn Hitze, hoher Puls, Flüssigkeitsverlust oder Wettkampfstress zusammenkommen. Dabei lassen sich viele dieser Risiken frühzeitig erkennen – lange bevor sie gefährlich werden.

Genau dafür wurde der Sportgesund-Check von Spomediko entwickelt. Er dauert nur wenige Minuten und liefert eine klare Einschätzung, wie gut dein Körper aktuell für sportliche Belastungen aufgestellt ist. Die Bewertung erfolgt über eine Ampellogik: Grün bedeutet sportgesund, Gelb zeigt Punkte, die man genauer beobachten sollte, und Rot signalisiert klar, dass eine ärztliche Abklärung sinnvoll wäre.

Der Test berücksichtigt nicht nur Training und körperliche Aktivität, sondern auch Schlafqualität, Vorerkrankungen, Infekte, Ernährung, Stresslevel und typische Risikofaktoren, die bei Hitze oder intensiven Einheiten zu Problemen führen können. Direkt nach dem Test erhältst du ein übersichtliches PDF mit allen Ergebnissen – ein Dokument, das du bei Bedarf auch mit medizinischem Fachpersonal besprechen kannst.

Gerade für Läufer:innen, Triathlet:innen und Sportler:innen, die regelmäßig an Wettkämpfen teilnehmen oder ambitioniert trainieren, kann dieser Check ein wertvolles Werkzeug sein. Denn je besser du deinen eigenen Gesundheitsstatus kennst, desto sicherer kannst du auch in schwierigen Bedingungen wie Hitze oder hoher Luftfeuchtigkeit performen.

Den Test findest du hier:
https://www.spomediko.de/Sportgesund-Check/

Kommentar schreiben

Kommentare: 0